Vor 66 Millionen Jahren schlug ein Meteorit in Mexiko auf die Erde ein und veränderte die Atmosphäre nachhaltig. Das fünfte Massenaussterbeereignis der Erdgeschichte nahm seinen Lauf. Rund 75 % der Arten an Land und im Meer starben aus, unter anderem die Dinosaurier. Danach begann biologisch die Blütezeit der Säugetiere und geologisch das Känozoikum (vor 66 Millionen Jahren bis heute). Das Klima im Känozoikum stand in engem Zusammenhang mit – drei Mal darf man raten – (richtig! :D) der atmosphärischen CO2-Konzentration. Die wichtigsten geologischen Ereignisse im Känozoikum, die auch einen großen Einfluss auf die CO2-Konzentration und somit das Klima hatten, waren die Gebirgsbildungen der Alpen und des Himalayas und die Vereisung der Antarktis.
Dieses Video zeigt die Bildung der Alpen, bei der die afrikanische Platte mit der europäischen Platte kollidierte, am Beispiel der UNESCO Welterbe Region Sardona in der Schweiz:
Und dieses Video zeigt stark vereinfacht die Bildung des Himalayas, bei der die indische Platte mit der asiatischen Platte kollidierte: (Am besten macht man den Ton aus ;))
Gebirgsbildungen gehen mit intensivem Vulkanismus einher. Bei einem Vulkanausbruch gelangt Lava und Gesteinsmaterial an die Erdoberfläche – und CO2. Das Kohlenstoff-Atom dieses CO2-Moleküls hat jedoch schon vor der Eruption des Vulkans eine Jahrmillionen lange Reise hinter sich oder besser gesagt mehrere Reisen bzw. Kreisläufe. Lassen wir ihn in der Atmosphäre beginnen.
Der Silikat-Kohlenstoff-Kreislauf
Atmosphärisches CO2 wird vom Regen aufgenommen und reagiert chemisch mit dessen H2O-Molekülen zu Kohlensäure (H2CO3) (Berner et al., 1983). Der kohlensäurehaltige Regen fällt auf silikathaltige Gesteine an der Oberfläche und löst aus ihnen die Ionen Calcium (Ca2+) und Hydrogencarbonat (HCO3–) heraus (Abbildung 1). Bei der Verwitterung von Gesteinen wird also CO2 der Atmosphäre entzogen. Die Ionen gelangen über Bäche und Flüsse schließlich ins Meer, wo sie von Schalenweichtieren wie Muscheln, Seeigeln und Korallen zum Aufbau ihres Skeletts aus Kalziumkarbonat (CaCO3) verwendet werden. Nach ihrem Tod sinken ihre Skelette in Richtung Meeresgrund. Die geringen Temperaturen, der hohe Druck und die hohen CO2-Konzentrationen des tiefen Meerwassers lösen die meisten der Skelette an der sogenannten Karbonat-Kompensationstiefe auf. Einige erreichen aber dennoch den Meeresgrund und bilden dort mit der Zeit mächtige Karbonatsedimente. Und dort verbleiben sie viele Millionen Jahre lang, bis die unterlagernde ozeanische Kruste infolge der Plattentektonik zu einer Plattengrenze transportiert wird und in einer Subduktionszone schließlich ins Erdinnere gelangt. Mit den höheren Temperaturen und Drücken reagiert das Kalziumkarbonat der Karbonatsedimente chemisch und gibt dabei CO2 frei. Das CO2 gelangt durch Vulkanismus schließlich wieder in die Erdatmosphäre, und der Kreislauf beginnt von Neuem.
Den aller aller größten Teil des Silikat-Kohlenstoff-Kreislaufs ist der Kohlenstoff also unter der Erdoberfläche. So verwundert es auch nicht, dass die Atmosphäre mit 850 Gigatonnen Kohlenstoff nur 0,001 % des globalen Kohlenstoffs ausmacht (Le Quéré et al., 2012). Die weltweiten Gewässer enthalten 45 Mal so viel Kohlenstoff (0,0045 %). Der Rest (99,95 %) befindet sich – denkt man an den Klimawandel – glücklicherweise unter der Erdoberfläche in der Lithosphäre. In Kalziumkarbonaten sind 60 Millionen Gigatonnen Kohlenstoff gespeichert. Kerogene, aus denen sich in Zukunft noch Kohlenwasserstoffe bilden können, enthalten weitere 15 Millionen Gigatonnen Kohlenstoff. Die in Erdöl, Erdgas und Kohle gespeicherte Kohlenstoffmenge von 4.100 Gigatonnen (Berner, 1998) wirkt dagegen noch gering. Aber wir wissen ja, zu welchen klimatischen Veränderungen allein die 655 Gigatonnen Kohlenstoff geführt haben, die der Mensch seit Beginn der Industrialisierung (bis 2018) aus fossilen Brennstoffen emittiert hat.
Der Hitzerekord vor 50 Millionen Jahren
Die Gebirgsbildung der Alpen begann in der Kreidezeit (145 bis 65 Millionen Jahre) und wurde von starkem Vulkanismus begleitet, der für die hohen CO2-Konzentrationen von etwa 1.000 ppm zu Beginn des Känozoikums mitverantwortlich war (Abbildung 2). Vor etwa 55 Millionen Jahren begann neben der Hauptkollisionsphase der Alpen die Gebirgsbildung des Himalayas. Der dadurch hervorgerufene intensive Vulkanismus in Europa und in Asien führte dann noch einmal zu einem starken Anstieg der CO2-Konzentration auf 1.500 bis zu 2.000 ppm (Pearson & Palmer, 2000).
Ein Temperaturanstieg um 5° C bis 10° C war die Folge (Naafs et al., 2018)! Am Polarkreis lebten Krokodile und Haie und seine Landschaft säumten Palmen (Abbildung 3). Auf der Antarktis standen tropische Wälder und das antarktische Meer war um die 30° C warm. Sogar weitläufige Wüsten könnten die antarktischen Tropen durchzogen haben. Die Temperaturunterschiede zwischen den Polen und dem Äquator waren viel geringer und der Meeresspiegel 40 bis 100 Meter höher als heute (Kominz et al., 2002). Von einem solchen Klimaszenario sind wir natürlich noch weit entfernt. Dennoch, es kommt auf die Geschwindigkeit an, mit der eine Erwärmung passiert. Die CO2-Konzentration damals stieg um bis zu 1.000 ppm in 10 Millionen Jahren. Der jährliche Anstieg damals lag also nur bei 0,0001 ppm. Der aktuelle jährliche Anstieg von 3 ppm ist 30.000 Mal so hoch.
Die Klimaabkühlung durch die ausgeprägte Verwitterung der Alpen und des Himalayas und die Vereisung der Antarktis
Vor 50 Millionen Jahren türmten sich die Alpen und der Himalaya so hoch auf, dass der kohlensäurehaltige Regen viel mehr Gesteinsmaterial verwitterte als üblich. Die intensive Verwitterung der Gesteine, die CO2 aus der Atmosphäre entzieht, und die Ablagerung der Karbonatsedimente am Meeresboden brauchten etwa 15 Millionen Jahre (bis etwa 35 Millionen Jahre vor heute), bis sie die CO2-Konzentration der Atmosphäre auf etwa 500 ppm reduziert hatten (Pearson & Palmer, 2000). Der damit einhergehende Temperaturrückgang führte vor 34 Millionen Jahren zur antarktischen Vereisung (DeConto & Pollard, 2009).
Die antarktische Vereisung war eine der größten Veränderungen des Erdklimas im Känozoikum (Merico et al., 2008). Mit dem Wachstum der Eisdecke sank der Meeresspiegel und führte zu einem massenhaften Absterben der Schalenweichtiere im Meer. Ihre Skelette, die ja aus Kalziumkarbonat (CaCO3) bestehen, sanken zahllos nach unten. Zudem schwemmten Flüsse, die die trocken gefallenen Küstengebiete auswuschen, erhebliche Mengen von Kalzium (Ca2+)- und Karbonat (CO32-)-Ionen ins Meer. Diese deutliche Zunahme an CaCO3 im Meer führte dazu, dass an der Karbonat-Kompensationstiefe auch besonders viel CaCO3 aufgelöst wurde. Damit sich CaCO3 überhaupt auflösen kann, benötigt es CO2 des Meerwassers. Die intensive Auflösung von CaCO3 entzog dem Meerwasser also besonders viel CO2. Dadurch wurde das Meer chemisch weniger sauer und die Karbonat-Kompensationstiefe verschob sich in tiefere Wasserschichten. So wurde der Kohlenstoff verstärkt in Sedimente am Meeresgrund eingelagert und dem CO2-Austausch zwischen Meerwasser und Atmosphäre entzogen. Dies führte zu einer weiteren Abnahme der atmosphärischen CO2-Konzentration. Und dies führte zusammen mit einer erhöhten Rückstrahlung der Sonnenstrahlen in der Anarktis zur einer weiteren Abkühlung, die wiederum zu einer raschen Vergrößerung des antarktischen Eisschilds führte. Die schnelle Vereisung der Antarktis bewirkte also einen sich selbst verstärkenden Prozess der globalen Klimaabkühlung. Dieses Verständnis integrieren heutige Klimamodelle, die eine deutlich verstärkte Erderwärmung simulieren, je mehr Eis die Pole verlieren.
Der leichte Anstieg der CO2-Konzentration vor etwa 20 Millionen Jahren auf 500 ppm könnte mit dem Vulkanismus der letzten intensiven Hebungsphase der Alpen in dieser Zeit zusammen hängen, bevor die CO2-Konzentration weiter abnahm und vor etwa 2,7 Millionen zum Beginn der arktischen Vereisung führte.
Die arktische Vereisung
Lange hatte die Wissenschaft die Schließung der Straße von Panama, also die geologische Vereinigung von Nord- und Südamerika, und die dadurch veränderten Ozeanströmungen für den Auslöser der arktischen Vereisung vor 2,7 Millionen Jahren gehalten. Aber heute weiß man, dass es wieder einmal (jetzt darf man wirklich nur noch einmal raten! :D) die atmosphärische CO2-Konzentration war, bzw. seine Abnahme von um bis zu 100 ppm auf etwa 200 ppm (Martínez-Garcia et al., 2008). Während des anschließenden Eiszeitalters bedeckten kilometerdicke Eispanzer den Norden von Europa, Amerika und Asien (Abbildung 4).
Zur Rekonstruktion der atmosphärischen CO2-Konzentration in den letzten Hunderten Jahrmillionen wurde die sogenannte δ13C-Signatur von Pflanzenresten in Gesteinen genutzt (Freeman & Hayes, 1992). Sie ist ein Maß für das Verhältnis der Isotopen Kohlenstoff-13 und Kohlenstoff-12. Zur Bindung von CO2 während der Photosynthese bauen Pflanzen bevorzugt das Isotop 12C ein. Das Verhältnis 13C zu 12C in den versteinerten Pflanzenresten korreliert mit der damaligen atmosphärischen CO2-Konzentration.
Die letzten 800.000 Jahre lässt sich zudem die jährliche Temperatur rekonstruieren. Die Auswertung von Eisbohrkernen beruht auf der δ18O-Signatur von Eis. Sie ist ein Maß für das Verhältnis der Isotopen Sauerstoff-18 und Sauerstoff-16, das direkt mit der Temperatur korreliert. Denn in Abhängigkeit der Temperatur gehen die Isotope 18O und 16O eines H2O-Moleküls, das im Ozeanwasser verdunstet, unterschiedlich schnell in die Gasphase über. Wasserdampf in der Atmosphäre besitzt also ein isotopisches Temperatursignal, das sich teilweise als Schnee ablagert. In vereisten Gebieten, in denen der Schneefall nie taut, wie in der Arktis, Grönland oder der Antarktis, reichen die Eisbohrkerne so tief, dass sie die jährliche Temperatur der letzten 800.000 Jahre verraten, wie das folgende Video zeigt.
Das Eiszeitalter der letzten 2,7 Millionen Jahre ist gekennzeichnet durch Eiszeiten, die von kurzen Warmzeiten unterbrochen wurden. Die Eiszeiten wiesen einen stark reduzierten Wasserkreislauf auf. Die resultierende Trockenheit führte zu einem Rückgang der Vegetationsflächen. Aus den kargen Gesteinen wehte Wind mit der Zeit kleinste Partikel aus Sand und Schluff heraus, transportierte sie über lange Distanzen und lagerte sie als Löss wieder ab. Löss bedeckt heute 10 % der Erdoberfläche. Die antarktischen Eisbohrkerne weisen einen um 25-fach erhöhten Lösseintrag während der Eiszeiten auf (Lambert et al., 2008). Zunächst bewirkte der Löss in der Luft (man könnte auch Staub sagen) einen höheren Rückstrahlungseffekt der Sonnenstrahlen. Außerdem kann Löss, der sich auf dem Meerwasser ablagert, eine Eisenquelle für phytoplanktonische Mikroorganismen sein, die Photosynthese betreiben. Die erhöhte Eisenzufuhr führte zu einem Wachstum der Mikroorganismen im Südlichen Ozean und einer Zunahme ihrer Photosynthesetätigkeit. Somit banden sie mehr CO2 aus der Atmosphäre und bewirkten einen Rückgang der atmosphärischen CO2-Konzentration um etwa 40 ppm. Der Löss (oder Staub) führte also in doppelter Hinsicht zu einer weiteren Abkühlung während der Eiszeiten, bis die Milanković-Zyklen alle 100.000 Jahre immer und immer wieder eine kurze Warmzeit einleiteten.
Heute passiert etwas völlig anderes! Der Blick in die letzten Jahrmillionen ist uns eine Lehre. Jede Klimaänderung – ob die Heißzeit vor 50 Millionen Jahren, die Vereisungen der Antarktis vor 34 Millionen Jahren oder der Arktis vor 2,7 Millionen Jahren – ging auf die CO2-Konzentration der Atmosphäre zurück! Klimaveränderungen hat es immer gegeben, aber einen heutigen CO2-Anstieg von 3 ppm pro Jahr in den letzten 66 Millionen Jahren nicht ansatzweise! Und davor wahrscheinlich auch nie. Die daraus folgende Temperaturerhöhung übersteigt die Anpassungsfähigkeit vieler Arten, die bereits ausgestorben sind – oder massiv davon bedroht.
So steht auf der Seite www.naturefund.de: „Das gegenwärtige Problem ist also nicht, dass Arten aussterben, sondern dass derart viele Arten aussterben, und zwar in Größenordnungen, wie man es bislang nur bei den fünf Massensterben der Erdgeschichte beobachtet hat. Heute ist aber nicht ein Meteorit der Grund: Das sechste Massensterben löst der Mensch aus.“
Natürlich kann man jetzt laut „Staub!“ rufen. Aber er brauchte schon mehrere 10.000 Jahre, um 40 ppm CO2 der Atmosphäre zu entziehen. Die emittieren wir heute in gut 13 Jahren! Wir kommen nicht drum herum, fossile Brennstoffe im Boden zu lassen und auf erneuerbare Energien umzustellen.
Quellennachweise
Berner, R.A. (1998): The carbon cycle and CO2 over Phanerozoic time: the role of land plants. Philosophical Transaction of the Royal Society B: Biological Sciences, 353(1365), 75–82
Berner, R.A., Lasaga, A.C., Garrels, R.M. (1983): The carbonate-silicate geochemical cycle and its effect onatmospheric carbon dioxide over the past 100 million years. American Journal of Science, 283, 641-683
DeConto, R.M., Pollard, D. (2003): Rapid Cenozoic glaciation of Antarctica induced by declining atmospheric CO2. Nature, 421, 245-249
Freeman, K.H., Hayes, J.M. (1992): Fractionation of carbon isotopes by phytoplankton and estimates of ancient CO2 levels. Global Biochemical Cycles, 6 (2), 185-198
Hansen, J., Sato, M., Kharecha, P., Beerling, D., Masson-Delmotte, V., Pagani, M., Raymo, M., Royer, D.L., Zachos, J.C. (2008): Target Atmospheric CO2: Where Should Humanity Aim? The Open Atmoshpheric Science Journal, 2, 217-231, DOI: 10.2174/1874282300802010217
Kominz, M. A., Van Sickel, W.A., Miller, K.G., Browning, J.V. (2012): Sea-Level Estimates for the Latest 100 Million Years: One-Dimensional Backstripping of Onshore New Jersey Boreholes. 22nd Annual Gulf Coast Section SEPM Foundation Bob F. Perkins Research Conference, 303-315
Lambert, F., Delmonte, B., Petit, J.R., Bigler, M., Kaufmann, P.R., Hutterli, M.A., Stocker, T.F., Ruth, U., Steffensen, J.P., Maggi, V. (2008): Dust-climate couplings over the past 800,000 years from the EPICA Dome C ice core. Nature, 452, 7187, 616-619
Le Quéré, C., Peters, G., Andrew, R., Andres, B. et al. (2012): Global Carbon Budget 2012. In: Global Carbon project. Tyndall Centre for Climate Change Research
Martínez-Garcia, A., Rosell-Melé, A., Jaccard, S.L., Geibert, W., Sigmann, D.M., Haug, G.H. (2011): Southern Ocean dust–climate coupling over the past four million years. Nature, 476, 312-315
Merico, A., Tyrrell, T., Wilson, P.A. (2008): Eocene/Oligocene ocean de-acidification linked to Antarctic glaciation by sea-level fall. Nature, 452, 979-982
Naafs, B.D.A., Rohrssen, M., Inglis, G.N., Lätheenoja, O., Feakins, S.J., Collinson, M.E., Kennedy, E.M., Singh, P.K., Singh, M.P., Lunt, D.J., Pancost, R.D. (2018): High temperatures in the terrestrial mid-latitudes during the early Palaeogene. Nature Geoscience, 11, 766-771
Pearson, P.N., Palmer, M.R. (2000): Atmospheric carbon dioxide concentrations over the past 60 million years. Nature, 406, 695-699