Vulkanausbrüche haben Menschen immer schon von der enormen Hitze und Energie in der Erde wissen lassen. Jäger und Sammler und viele spätere Völker werden ihre Ahnung davon an die folgenden Generationen weitergegeben haben. Aber sie wussten wohl nicht, dass wir auf einer kalten dünnen Außenschicht eines riesigen Feuerballs leben.
Angenehmere Zeugen der Erdwärme sind sicherlich Thermalquellen, die wohl auch schon immer von Menschen zum Baden oder Heilen genutzt wurden (Abbildung 1). Somit ist die Geothermie (Nutzung der Erdwärme) wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Im Aufspüren von heißen Quellen waren Jäger und Sammler bestimmt auch geschickter als ich Wohlstandsmensch und Heizungsbesitzer. 😉
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In Thermalquellen tritt Grundwasser aus, das zuvor in kilometertiefe Gesteinsschichten versickerte, sich erwärmte und wieder an die Oberfläche aufstieg. Die höchsten Temperaturen haben Thermalquellen dort, wo das Wasser relativ schnell aufsteigen kann, wie in vulkanischen Gebieten oder entlang von tiefreichenden Störungszonen, bei denen zwei Gesteinsblöcke gegeneinander versetzt sind. In Aachen, das auf einer tiefreichenden Störungszone liegt, tritt mit 74° C die wärmste Thermalquelle Deutschlands aus. Die Wässer stammen unter anderem aus rund 4.500 Meter tiefen Karbonatgesteinen. Im US-amerikanischen Yellowstone-Nationalpark und im japanischen Kusatsu – beides vulkanisch aktive Gebiete – sind Thermalquellen sogar 92° C bis 95° C heiß. Auf Island, der Vulkaninsel im Atlantik, gibt es hunderte Thermalquellen, wie dieses Video zeigt:
Die Römer nutzten Thermalquellen für ihre großen Badehäuser. Jahrhunderte heizten sie kühleres Thermalwasser noch mit einem Feuerbecken auf. 89 vor Christus erfanden sie die Luftheizung, die Räume und Böden mit einem System aus Hohlräumen erwärmte und Saunen auf 55° C erhitzte. Die Abkürzung Spa kommt aus dem Lateinischen, steht für sanus per aquam und heißt „gesund durch Wasser“.
Im 8. Jahrhundert entfachten die Aachener Thermalquellen eine große Wirkung auf den Eroberer Karl den Großen. Er liebte die Dämpfe heißer Naturquellen so sehr, dass er in Aachen einen Palast baute und dort seine letzten Lebensjahre verbrachte, um allein und mit seinem Gefolge zu baden.
Im 14. Jahrhundert entstand im französischen Chaudes-Aigues das erste geothermische Fernwärmenetz. Dort gibt es 30 Thermalquellen mit Temperaturen von 45° C bis 82° C. Lange Zeit nutzten die Dorfbewohner das heiße Wasser, um ihre Schweine zu enthaaren und Schafwolle zu entfetten. Im Jahr 1332 dann bauten die Dorfbewohner ein Kanalnetz aus Holzrohren, speisten es mit dem Thermalwasser aus den verschiedenen Quellen und heizten damit die Erdgeschosse von etwa 40 Häusern. Je nach seiner Größe besaß jedes Haus ein I-, L- oder M-förmiges Heizungsrohr. Dieses Heizungssystem bestand Jahrhunderte, bis 2009 der Stadtrat entschied, ein großes Thermalbad zur Behandlung von Rheuma und Arthrose zu errichten, und daher den Wohnhäusern die Nutzung von Thermalwässern verweigerte.
Im italienischen 800-Seelendorf Lardarello entweicht bis zu 200° C heißer Dampf aus dem Boden und es stinkt nach faulen Eiern! Am 4. Juli 1904 wollte der Prinz Piero Ginori Conti beweisen, dass er eine Glühbirne mit geothermischem Strom zum Leuchten bringen kann und stellte einen Generator neben einer Dampfquelle auf. Der Dampf schoss nach oben, der Generator surrte und die Glühbirne leuchtete. Seitdem ist Lardarello die Hauptstadt der Geothermie in Europa. Heute produzieren 37 Geothermiekraftwerke Strom für eine Million Menschen. Fast ein Drittel des Stroms der Toskana stammt aus den heißen Dampfquellen in Lardarello. Doch wo kommt der Dampf her oder warum entsteht er genau da und nicht auch in Aachen oder Berlin? 😀
Weil nur wenige hundert Meder unter der Oberfläche in Lardarello sich eine heiße Magmablase befindet. Sie bringt das Grundwasser zum Kochen und der entstehende Dampf steigt auf bis zu den heißen Quellen, und das wahrscheinlich schon seit dem Jahr 1282, denn damals hat es dort den letzten großen Vulkanausbruch gegeben.